Zwischen Himmel und Erde
Als Pilotin bereist Petra Lorenz die Welt. Warum ihr Beruf einer der gleichberechtigtsten überhaupt ist und wie es sich anfühlt, in einem Cockpit zu sitzen. Wir haben Petra bei ihrer Arbeit begleitet.
Seit über 22 Jahren ist Petra Lorenz ausgebildete Pilotin. © Vanessa Hartmann
Trotz Feiertag herrscht am Flughafen Hochbetrieb. Hier ist immer was los. Wir treffen uns vormittags mit der AUA-Pressesprecherin Vera Mair und durchlaufen einen aufwendigen Anmeldevorgang und Sicherheitscheck. Danach am Rollfeld fühlt es sich ein bisschen so an, als würden wir in den Urlaub fliegen. Für Pilotin Petra Lorenz ist es Alltag, auch wenn sie ihren Beruf immer noch sehr zu schätzen weiß.
Du warst vor rund 22 Jahren die erste ausgebildete Pilotin bei der AUA und fliegst seither für dieses Unternehmen. Immer noch dein Traumjob? Wie kam es überhaupt dazu, dass du Pilotin wurdest?
Mein Papa war im technischen Bereich tätig, meine Mama im medizinischen – mich hat immer schon die Technik mehr interessiert. Wenn wir in Urlaub geflogen sind, hab ich oft ins Cockpit geschaut, damals war die Tür ja noch nicht geschlossen und die Fluggäste konnten hineinspähen. Seit 9/11 ist das alles anders.
Ich hab damals zwar mit der HTL geliebäugelt, aber im Endeffekt dann die HAK absolviert. Das dritte Schuljahr verbrachte ich in Amerika, wo mein Gastvater – ein ehemaliger Airforce-Pilot – ein kleines Flugzeug hatte, da kam ich intensiver in Kontakt mit dem Fliegen. Nach der Matura während meines Studiums hatte ich die Bewerbungsunterlagen der AUA schon daheim, aber noch nicht ausgefüllt. Nach zwei Jahren fand ich die Unterlagen wieder in meinem Zimmer bei meinen Eltern und dachte mir, ich mach das jetzt, hab sie ausgefüllt und abgeschickt. Und das bereue ich bis heute keine Sekunde. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass ich nicht von Montag bis Freitag in ein Büro muss. Ja, es ist immer noch mein Traumjob.
Wie lief deine Ausbildung dann ab?
Die Pilotinnenausbildung dauerte zwei Jahre, das war von 1999 bis 2001, und seither fliege ich für die AUA. Begonnen habe ich als Co-Pilotin Kurzstrecke, dann Co-Pilotin Langstrecke, derzeit bin ich Kapitänin/Pilotin Kurzstrecke – das nächste Ziel ist nun Kapitänin Langstrecke. Das ist nicht jedermanns/jederfraus Sache, aber mir taugt’s. Am Anfang konnte ich sehr viel von den Kapitänen lernen – und zwar immer auf Augenhöhe –, heute gehöre ich zu den Dienstälteren und freue mich, mein Wissen an die Jüngeren weiterzugeben. Das Crew-Dasein ist etwas ganz Besonderes. Es ist egal, welcher Religion du angehörst, wie du aussiehst und wo du herkommst – jeder geht respektvoll miteinander um. Wir sitzen alle im selben Boot.
Es gibt bei der AUA 1.030 Pilotinnen, davon sind nur 48 weiblich, das sind nur knapp 5 %. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Die Fliegerei ist ja kein Beruf, den es schon ewig lange gibt, und früher war es nicht nur gesellschaftlich, sondern auch physisch undenkbar, dass Frauen ein Flugzeug fliegen, weil es noch sehr viel Kraft erforderte, es gab keine Hydraulikunterstützung. Heute ist das Fliegen dahingehend viel leichter, es geht nicht mehr um Muskelkraft. Zudem gab es früher auch keine weiblichen Vorbilder, also keine öffentliche Wahrnehmung von Frauen als Pilotinnen. Heute merke ich, dass sich immer mehr Frauen dafür interessieren. Es ist weder ein frauenfeindlicher noch ein familienfeindlicher Beruf, im Gegenteil. Gleichberechtigung ist bei uns selbstverständlich. Da gibt’s kein Verhandeln und die Frau zieht am Ende den Kürzeren. Jede und jeder bekommt das gleiche Gehalt für die gleiche Arbeit und der Arbeitsalltag ist stets von Respekt begleitet. Ich bin verheiratet und habe einen 11-jährigen Sohn – die Familienplanung hat unter meinem Beruf nie gelitten. Nacheifern tut mein Sohn mir derzeit aber nicht, er möchte aktuell Katzenzüchter werden (lacht).
Dein Mann ist auch Pilot – wie habt ihr euch kennengelernt?
Das war vor 18 Jahren bei einem Flug nach Berlin. Ich war Co-Pilotin und der Flieger war ziemlich voll. Er musste zum Begräbnis seines Großvaters nach Berlin und hat als Kollege einen Platz auf dem Notsitz der Crew bekommen. Wir haben uns gleich gut verstanden, auch wenn wir nicht viel miteinander geredet haben, aber es hat gefunkt. Zwei Wochen später haben wir uns zufällig beim Weggehen in Wien getroffen, das war Schicksal (schmunzelt).
Welche Voraussetzungen und Eigenschaften muss eine Pilotin mitbringen?
Das Interesse an der Fliegerei, an Menschen und Ländern ist die Voraussetzung. Der Rest kommt von alleine. Es ist nichts, das man nicht lernen kann, deshalb gibt es die Ausbildung. Charakterlich sollte man/frau ein korrektes Selbstbild haben, sich nicht überschätzen, die eigenen Fehler sehen und diese auch jederzeit bereden können. Offenheit, Ehrlichkeit und Teamfähigkeit sind die wichtigsten Eigenschaften.
Du bist auch auf Social Media sehr erfolgreich unterwegs mit über 32.000 Followern auf Instagram
(petrathepilot). Wie kam es dazu?
Ich hatte das Instagram-Konto schon zwei Jahre, als ich mich zum ersten Mal so richtig damit beschäftigt habe. Fotografiert habe ich immer schon gerne. Dann habe ich 2018 begonnen, Fotos reinzustellen, und das ist in kürzester Zeit explodiert. Viele schreiben mich nun über Insta an und zeigen Interesse an meinem Beruf, das ist schön – ich rate jedem dazu, es zu machen, wenn das Interesse da ist.
Wie beschreibst du das Gefühl, als Pilotin im Cockpit zu sitzen?
Das Teamgefühl mit der gesamten Crew, der Sonnenuntergang, den du hautnah über den Wolken miterlebst, oder wenn du bei Gewitter startest und eine Stunde später unter blauem Himmel und Sonnenschein fliegst … es ist unglaublich schön. Ich weiß, dass es immer noch ein Privileg ist. Auch wenn das Cockpit nicht viel Platz bietet, der Sitz ist mega-bequem und ich fühle mich dort drin rundum wohl. Das Handwerk macht mir Spaß, es ist nie langweilig und stets anders.
Trotz jahrelanger Erfahrung gibt es immer wieder Situationen, Herausforderungen, die neu sind, und das ist cool. Es sind auch sehr gute und tiefe Freundschaften entstanden, von Kurskolleginnen in der Ausbildung bis hin zu Crewmitgliedern – auch wenn ich noch lange nicht alle kenne (lacht). Aber du musst nicht beste Freunde sein, um gut miteinander arbeiten zu können. Die Professionalität ist bei all meinen Kolleginnen sehr hoch, und das gibt mir ein gutes Gefühl.
Klatschen bei der Landung – darüber scheiden sich die Geister. Für dich nett oder ein No-Go?
Das war früher üblich, weil Fliegen etwas Besonderes für die Menschen war. Bei Linienflügen z. B. nach Frankfurt sitzen zu 80 Prozent Geschäftsleute im Flugzeug, die ständig in der Luft sind. Die klatschen nicht mehr, weil Fliegen ist für sie wie Zugfahren. Bei Charterflügen Richtung Urlaubsregion im Sommer wird schon noch manchmal geklatscht. Und obwohl die Cockpit-Tür geschlossen ist, höre ich es leise, oder die Cabin-Crew sagt es mir. Ich finde das nett und freue mich darüber als ein Zeichen der Anerkennung.
Voraussetzungen, um Pilot*in zu werden
- EU-Staatsbürgerschaft oder gültiger Beschäftigungstitel für Österreich
- Besitz eines uneingeschränkten Reisepasses
- Matura, Berufsreifeprüfung bzw. Abitur oder fachgebundene Hochschulreife Ihres Herkunftslandes
- Sehr gute Deutsch- und Englischkenntnisse in Wort und Schrift
- Größe: ab 165 cm
- Brillen- und Kontaktlinsenträger*innen Sehschwäche mit max. +5/-6 Dioptrien (nicht laserkorrigiert)
- Abgeleisteter Präsenzdienst (bei Bewerbern)
Austrian Airlines sucht in allen Bereichen neue Kolleg*innen und freut sich über Bewerbungen unter:
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